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262 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 225. 1935 Die Konstitution des Diborans Von EGON WIBERG Mit 2 Figuren im Text Die von mir vor sieben Jahren vorgeschlagene Strukturformel des Diboransl) ist in der Folgezeit durch zahlreiche Experimental- untersuchungen bestiitigt worden. Auch die in der vorangehenden Arbeit von L. und W. KLEMM~) beschriebenen magnetischen Mes- sungen, die meine Voraussage uber eine ,,dimere" Struktur der Ver- bindungen KBH, und KOBH, bestatigen, stellen eine Stutze fur die damals geauBerten Anschauungen dar. Das gibt mir Veranlassung, im folgenden die seit der genannten Veroffentlichung uber diesen Gegenstand neu hinzugekommenen wichtigsten Beweise kurz zu- sammenzustellen; um so mehr, als selbst in den neuesten Lehr- buchern der anorganischen Chemie immer noch uberholte und mit dem experimentellen Tatsachenmaterial in Widerspruch stehende Hypothesen uber den Aufbau der Borwasserstoffe wiedergegeben werden. Bei dieser Gelegenheit sol1 die Diboranstruktur auf einem etwas anschaulicheren Wege, dem des Vergleichs der Bor- mit der Kohlenstoff- und Stickstoffchemie, nochmals kurz abgeleitet und eine einfache, zur Wiedergabe der chemischen Reaktionen des Di- borans ausreichende Valenzstrichformel angegeben werden. Das Boratom besitzt drei, das Kohlenstoffatom vier und das Stickstoffatom funf AuBenelektronen: .B. .c. .N. , Entsprechend diesen verschiedenen Elektronenzahlen lassen sich die von den neutralen Atomen des Bors, Kohlenstoffs und Stickstoffs abgeleiteten Verbindungen valenzchemisch nicht miteinander ver- gleichen. Eine solche Vergleichsmoglichkeit ergibt sich erst dann, wenn wir dem Kohlenstoff das negativ geladene Bor- und l) E. WIBERG, Z. anorg. u. allg. Chem. 173 (1928), 199. Vgl. auch Z. anorg. u. allg. Chem. 179 (1929), 309; Helv. Chim. Acta 12 (1929), 225; Z. anorg. u. allg. Chem. 187 (1930), 362; 191 (1930), 49. 2, L. u. W. KLEMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 226 (1935), 258.

Die Konstitution des Diborans

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262 Zeitachrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 225. 1935

Die Konstitution des Diborans Von EGON WIBERG Mit 2 Figuren im Text

Die von mir vor sieben Jahren vorgeschlagene Strukturformel des Diboransl) ist in der Folgezeit durch zahlreiche Experimental- untersuchungen bestiitigt worden. Auch die in der vorangehenden Arbeit von L. und W. KLEMM~) beschriebenen magnetischen Mes- sungen, die meine Voraussage uber eine ,,dimere" Struktur der Ver- bindungen KBH, und KOBH, bestatigen, stellen eine Stutze fur die damals geauBerten Anschauungen dar. Das gibt mir Veranlassung, im folgenden die seit der genannten Veroffentlichung uber diesen Gegenstand neu hinzugekommenen wichtigsten Beweise kurz zu- sammenzustellen; um so mehr, als selbst in den neuesten Lehr- buchern der anorganischen Chemie immer noch uberholte und mit dem experimentellen Tatsachenmaterial in Widerspruch stehende Hypothesen uber den Aufbau der Borwasserstoffe wiedergegeben werden. Bei dieser Gelegenheit sol1 die Diboranstruktur auf einem etwas anschaulicheren Wege, dem des Vergleichs der Bor- mit der Kohlenstoff- und Stickstoffchemie, nochmals kurz abgeleitet und eine einfache, zur Wiedergabe der chemischen Reaktionen des Di- borans ausreichende Valenzstrichformel angegeben werden.

Das Boratom besitzt drei, das Kohlenstoffatom vier und das Stickstoffatom funf AuBenelektronen:

.B. .c. .N. ,

Entsprechend diesen verschiedenen Elektronenzahlen lassen sich die von den neutralen Atomen des Bors, Kohlenstoffs und Stickstoffs abgeleiteten Verbindungen valenzchemisch nicht miteinander ver- gleichen. Eine solche Vergleichsmoglichkeit ergibt sich erst dann, wenn wir dem Kohlenstoff das nega t iv ge ladene Bor- und

l) E. WIBERG, Z. anorg. u. allg. Chem. 173 (1928), 199. Vgl. auch Z. anorg. u. allg. Chem. 179 (1929), 309; Helv. Chim. Acta 12 (1929), 225; Z. anorg. u. allg. Chem. 187 (1930), 362; 191 (1930), 49.

2, L. u. W. KLEMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 226 (1935), 258.

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posit i v gela dene Stickstoffatom gegenuberstellen, die beide wie der Kohlenstoff vier AuSenelektronen aufweisen:

Negatives Bor- und positives Stickstoffatom miissen darnach wie Kohlenstoff vierwertig sein. Die Erfahrung bestatigt dies. So ent- spricht beispielsweise dem Kohlenstofftetrafluorid das negativ ge- ladene Fluorboronium, dem Methan das positiv geladene Am- monium, der Kohlensaure das Borsaureanion und Salpeters5ure- kation (Nitracidiumi0n)l) :

usw. Das Diboran BzH, kann demnach nicht, wie dies schon des

ofteren getan worden ist, mit dem Athan C,H, verglichen werden. Denn nach dem eben Gesagten entsprechen dem hhanmolekiil in der Bor- und Stickstoffchemie nur ein doppel t nega t iv ge- ledenes B,H,- und ein doppel t posi t iv geladenes N,H,-Ion:

In Form z. B. des Kaliumdiborans [B,H,]K, und des Hydrazinium- sulfats [N,H,]SO, sind diese Ionen j a in der Tat bekannt.

Das neutrale B,H,-Molekul kann nur das Bindungsgerust des A t hylens besitzen: Dem Athylen C,H, der Kohlenstoffchemie ent- spricht j a das B,H,---Ion der Borchemie; durch die beiden nega- tiven Ladungen dieses Ions konnen die beiden restlichen Protonen des B,H, gebunden werden. Als Konstitutionsformel des Diborans ergibt sich damit die Formel

1) A. HANTZSCH, Ber. 58 (1925), 958.

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die vereinfacht auch als [BH, = BH2]H2 geschrieben werden kann, Das Bor weist demnach im Diboran keine grundsatzlichl) besonderen Valenzverhiiltnisse auf, sondern ist darin im gleichen Sinne funf- wertig, in dem etwa auch das Bor des Borfluoridkaliums [BF,]K oder der Stickstoff des Ammoniumchlorids [NHJCl funfwertig2) sind (4 Kovalenzen + 1 Elektrovalenz).

Aus der abgeleiteten Strukturformel des Diborans ergeben sich zwei wichtige, experimentell nachprufbare Folgerungen: 1. D a s Diboran i s t eine zweibasische Siiure; 2. das Diboran- Molekul enthii l t eine Doppelbindung. Die daraufhin ausge- fuhrten Experimente ergaben eine volle Bestiitigung dieser Aussagen :

Zu 1. Einen Anhaltspunkt fur die Beurteilung des sauren Charakters von Diboran bot die Beobachtung von A. STOCK und E. POHLAND,), daB BzH6 zwei Molekule Ammoniak zu addieren vermag. Im Sinne der oben aufgestellten Strukturformel konnte es sich bei dieser Reaktion nicht um eine einfache Ammoniakatbildung : B2H, + 2NH, -+ BzH6.2NH,, sondern nur um eine Salzbildung: [BH,=BH,]H, + 2NH, --+ [BHz=BH2](NH4), (man vergleiche die ganz entsprechende Salzbildung: [BF,]H + NH, --t [BF,]NH,) handeln. Eine Entscheidung zwischen den beiden Moglichkeiten war durch Prufung der elektrischen Leitfahigkeit in flussigem Ammoniak (durch Wasser wird die Verbindung zersetzt) moglich. Die von A. STOCK und E. WIBERG in Gemeinschaft mit H. MARTINI und A. NICKLAS ausgefuhrten diesbezuglichen Untersuchungen,) ergaben in 'ifbereinstimmung mit den Forderungen der Formel die Salznatur des Ammoniakproduktes : die Losungen der Verbindung in flussigem Ammoniak leiten den elektrischen Strom. Die Vorglinge bei der Elektrolyse konnten quantitativ aufgekliirt werden; sie fuhren auf dem Wege uber eine Entladung der NH,+- und B,H,---Ionen sowie anschlieBende Sekundiirreaktionen zu einem schrittweisen Ersatz der Wasserstoffatome des B,H,-Ions durch NH, :

[BH2=BH2]H, + NH, -+ [BH(NH,)=BH,]HZ + H, USW.

1) aber eine gewisse Besonderheit in der Bindung der beiden ,,sauren"

2, Elektrochemisch sind Bor und Stickstoff in diesen Verbindungen

9 A. STOCK u. E. POHLAND, Ber. 59 (1926), 2213. ') A. STOCK, E. WIBERG, H. MARTINI u. A .N~cmas , Z. phys. Chem.

BoDENsTEIN-Festband (1931), 93; Ber. 86 (1932), 1711. Vgl. auch A. STOCK, E. WIBEBG u. H. MARTINI, Ber. 63 (1930), 2935.

Wasserstoffatome vgl. den Schlul3 der vorliegenden Abhandlung.

n atiirlich dreiwertig.

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Die Tatsache, daB auch bei der Einwirkung eines groBen Am- moniakuberschusses auf Diboran stets nur zwei Molekule Am- moniak aufgenommen werden, beweist, daB entsprechend der Forme€ [BH,=BH,]H2 nur z wei der sechs Wasserstoffatome des Diborans saure Funktion ausuben, und bestiitigt damit die durch die Formel geforderte Sonderstellung zweier Wasserstoffatome gegenuber den vier ubrigen. Es war wunschenswert, diese Sonderstellung auoh von der Seite der vier kovalent gebundenen Wasserstoffatome her nach- zuweisen. Bei der vorerwahnten Elektrolyse war es leider nicht moglich, die Frage nachxuprufen, ob sich dementsprechend nur vier der sechs Wasserstoffatome des Diborans durch NH, ersetzen lassen, da der Eintritt von NH,-Gruppen in das Diboranmolekul - wie m erwarten - zu einer Schwachung des sauren Charakters und damit zu einer Verminderung der Leitfahigkeit fuhrt, so daB die Elektro- lyse aus zeitlichen Grunden nach Ersatz von maximal 211, H durch NH, abgebrochen wurde. Der gewunschte Nachweis gelang aber H. J. SCHLESINGER und A. 0. WALKER bei einer anderen, schneller verlaufenden Reaktion. Wie SCRLESINGER und WALKER^) fest- stellten, liiBt sich durch Einwirkung von Bormethyl auf Diboran eine - dem Ersatz von H durch NH, vergleichbare - Substitution von H durch CH, erreichen. Dabei ergab sich, daB maximal vier der sechs Wasserstoffatome des Diborans durch Methylgruppen er- setzbar sind, wie es der hier aufgestellten Diboranformel entspricht :

[BH,=BH,]H, -s+ [B(CH3),=B(CH3),]H2. Zu 2. Einen Ausgangspunkt fur den Nachweis der Doppel-

bindung im Diboranmolekul stellte die Beobachtung von A. STOCK und E. POHLAND,) dar, nach der B,H, zwei Atome Natrium auf- zunehmen vermag. Enthiilt das Diboranmolekul eine Doppelbindung, so stellt diese Reaktion eine Anlagerung an diese Doppelbindung dar :

BH,=BH, + 2 Na -+ Na[BH,-BH,]Na. Liegt dagegen nur eine einfache Bindung zwischen den beiden Bor- atomen vor, so muB die Reaktion zu einer Spaltung des Molekuls fuhren :

BH,-BH, + 2 Na --t 2 [BHJNa. Eine Entscheidung zwischen den beiden Moglichkeiten war durch Bestimmung des Molekulargewichtes der Natrium-Additionsverbin-

l) H. J. SCHLESINGER u. A. 0. WALKER, Journ. Am. chem. Soc. 67

2, A. STOCK u. E. POHLAND, Ber. 69 (1926), 2213. (1935), 621.

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dung moglich. In L osung lie6 sich eine solche Molekulargewichts- bestimmung nicht durchfuhren, da kein Losungsmittel gefunden werden konnte, in dem die Substanz unzersetzt loslich ist. Bei der f es t en Substanz bot die Ermittelung des Magnetismus eine Ent- scheidungsmoglichkeit, da die monomere Formel Paramagnetismus, die dimere Formel Diamagnetismus erwarten lafit. Zur Untersuchung kam das entsprechende Kaliumsalz, nachdem es [vgl. die voran- gehende Arbeit von A. STOCK, W. SUTTERLIN und F. KURZEN~)] ge- lungen war, diese Verbindung in reiner Form zu isolieren. Die von L. und W. KLEMM~) ausgefuhrten Messungen ergaben Diamagnetis- mus, woraus die Formel K[BH,-BHJK und damit das Vorhanden- sein einer Doppelbindung im ursprunglichen B,H,-Molekul gefolgert werden kann.

Eine weitere Moglichkeit zum Nachweis der Doppelbindung im Diborsn bot der Vergleich des Ultraviolett-Absorptionsspektrums von B,H, mit dem des Athylens und Athans. Eine diesbezugliche von K. W. HAUSSER und A. SMAKULA~) durchgefiihrte vorlaufige Unter- suchung ergab, da13 B,H, eine der Absorption des Athylens ent- sprechende, auf das Vorhandensein einer Doppelbindung hinweisende Absorption zeigt.

Viele Reaktionen des Diborans erkliiren sich leicht als An- lagerungsreaktion an diese Doppelbindung des Molekuls. Die Uber- schreitung oder Nichtuberschreitung der Koordinationszahl 4 des Bors bedingt dabei den Gesamtverlauf der Reaktion: Bei der An- lagerung von Kalium an Diboran wird beispielsweise die Koordi- nationszahl nicht uberschritten, da sich die Metallatome als Kationen in zweiter Sphiire anzuordnen vermogen :

Bei der Anlagerung von KOH an Diboran findet aber z. B. eine solche Uberschreitung der Koordinationszahl statt, da fur die Hydroxyl-

l) A. STOCK, W. SUTTERLIN u. F. KURZEN, Z. anorg. u. alIg. Chem. 22.5

2) L. u. W. KLEMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 225 (1935), 258. 3, Noch unveroffentlicht. 4, DaB bei der Anlagerung von Kalium an Diboran die beiden sauren

Wasserstoffatome in der Tat, der obigen Formulierung entsprechend, in normal- kovalent gebundene Atome iibergehen, geht daraus hervor, daB [BH3-BH3]Kz znm Unterschied von [BH,=BH,]H, nicht mit Ammoniak reagiert.

(1935), 225.

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OH OH fKOH +I i

f K H-B-B-H

H H 1

gruppe keine Bindung als Kation moglich ist. Daher erfolgt Ab- spaltung von Wasserstoff , was zur Neubildung einer Doppelbindung fuhrt und damit die Anlagerung eines zweiten Molekuls KOH er-

+ K .

OH I - +

H-B=B H

H H I I

Das YO durch die Gesamtreaktion [BH,=BH,]H, + 2KOH --t

[BH,(OH)=BH,(OH)]K, + H, entstandehe Hypoborat, das ein Dioxyderivat des Kaliumdiborans darstellt , ist als solches be- standig, da in ihm die Koordinationszahl beider Boratome 4 be- tragt und das Fehlen einer Doppelbindung die weitere Anlagerung von KOH verhindert. Ersetzt man das KOH durch HOH, so kann die Reaktion erst nach Erreichung der endhydroxyliertea Stufe, der Borsaure, haltmachen, da eine dauernde, zur Ab- spaltung von Wasserstoff Veranlassung gebende ifberschreitung der Koordinationszahl des Bors stattfinclet :

.............. H H ;H Hi H OH ..............

+ J 4- + H O H H 1 1 + ! i + H B=B H ----+ +\B-B/~H .-~H&. + H B=B H I t

H H I I H L H

+a 6 i l h - - + L ' I - +

H H

H OH H OH

H B=B H USW.

I I HO/B-B'H

...I ... I IH Hi OH H

Zum SchluB noch eine Bemerkung uber die Bindung der zwei Wasserstoffionen im Diboranmolekul : Die beiden Protonen, die ja positive Kerne ohne AuBenelektronen darstellen, konnen nicht auBer- halb der Elektronenhulle des zugehorigen B,H,---Ions angeordnet sein, da hier eine die Anziehung kompensierende AbstoBung fehlt. Sie mussen vielmehr in diese Elektronenhulle hineingezogen werden, bis die abstoaende Kraft der positiven Borkerne wirksam wird. Eine normale kovalente Bindung duroh je ein Elektronenpaar ist dabei

..............

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nicht moglich, da das B,H,-Anion, wie folgende Elektronenformel zeigt, keine freien Elektronenpaare mehr besitzt :

H H .. .. B::B . H H

Die wahrscheinlichste Losung ist eine Anordnung innerhalb des Wirkungsbereiohes eines der beiden Elektronenpaare der Doppel- bindung. Charakterisieren wiry um diese Art der Bindung bildlich zu veranschaulichen, jedes zwei Atomen gemeinsame Elektronenpaar durch eine beide Atome umkreisende Elektronenbahn, so ergibt sich folgende Einordnung der beiden Protonen in das B,H,---Ionl) :

H - - - - H - Fig. 1

Bei dieser Elektronenverteilung besitzt jedes Boratom eine Neon-, jedes Wasserstoffatom eine Heliumschale, wiihrend gleichzeitig die im Vsrgleich zur Bindung der normal-kovalent gebundenen vier Wasserstoffatome vie1 lockerere Anordnung der beiden ,,sauren" Wasserstoffatome deutlich zum Ausdruck kommt. In dieser Form wurde die B,H,-Formel in meiner ersten Abhandlung uber die Diboranstruktur wiedergegeben. Sie stellt ein etwas getreueres Ab- bild der Valenzverhiiltnisse im Diboran dar als die - aur Wieder-

I) Brachte man die beiden Protonen bis in die Borkerne selbst hinein, so gingen letztere in Kohlenstoffkerne uber, d. h. aus Diboran entstiinde Athylen:

Fig. 2

Diboran und Athylen sind also in gewissem Sinne Isomere, da sich ihre Molekiile nur in der Stellung zweier Protonen (beim Diboran in der Elek- tronenhiille, beim Athylen im Kern) unterscheiden. Daher riihrt die grofie hd ichkei t von Xthylen und Diboran in den physikalischen und chemischen Eigenschaften, ad. die der Verfasser bei anderer Gelegenheit [Z. anorg. u. allg. Chem. 187 (1930), 368) schon hingewiesen hat.

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gabe der chemischen Reaktionen des B,H, durchweg geniigende - Valenzstrichformel.

DaS mit der Einordnung der beiden Wasserstoffionen in die B,H,---Elektronenhiille keine Aufsprengung der Doppelbindung ver- hi ipf t ist, wie dies nach der Singlettformel von SIDC*WIUK~)-PAULING~) der Fall sein miiBte:

H - B : B . H , H H

geht daraus hervor, daB Diboran - nach den Messungen von L. FARKAS und H. SACHSSE~) - diamagnetisch ist, was mit dieser Formel nicht vereinbar ist, wiihrend die oben wiedergegebene Elek- tronenverteilung Diamagnetismus bedingt.

H H

l) N. V. SIDGWICK, The Electronic Theory of Valency, Oxford 1927. z, L. PAULINQ, Journ. Am. chem. Soc. 68 (1931), 3226. s, L. FARKAS u. H. SACESSE, Trans. Far. Soc. 80 (1934), 331; H. SACESSE,

Z. Elektrochem. 40 (1934), 631. Vgl. auch H. J. SCELESINQEB u. A. 0. W u w , Journ. Am. chem. Soo. 67 (1935), 621, Anm. 4.

KarLsruhe, Chernisches Institut der Technischen Hochschule.

Bei der Redaktion eingegangen am 12. Oktober 1935.